Eine "lebhafte" Nacht



Ich bekomme kaum Luft hier oben in dem Bett unter der vom Tage noch aufgeheizten Panneelendecke!
Im Zimmer ist es dazu noch stockfinster weil wir Fenster und Fensterläden wegen der Ratten verschlossen haben.br>Die im Haus angestaute Hitze des Tages, die Feuchtigkeit in meiner Matratze und die Dunkelheit verursachen zusammen, dass ich richtige Panik bekomme und meine zu ersticken. Ich bitte darum Mae, das Fenster zu öffnen, selbst auf die Gefahr hin, nächtliche Besucher damit einzuladen hereinzukommen...
Mae tut mir den Gefallen. Jetzt scheint der Mond bis in die Mitte des Zimmers, und kühle Nachtluft strömt herein.
Dass die Ratten sich über meinem Bett auf dem Dachboden laut quietschend hin- und herjagen stört mich nicht mehr allzu sehr.
Das bin ich gewöhnt und ich drehe mich nun um...

Auf einmal bricht ein Riesengetöse da oben los. Lautes Knurren, Fauchen und Gepolter dringen zu uns herunter. Da sich dies sehr nah über mir abspielt, sause ich erschrocken in meinem Bett hoch. Wir mutmaßen, dass es Gambás sind, die sich gern in den Dachkanten der Häuser einnisten, wo sie vor Feinden weitgehend sicher sind. Hier einmal so ein Tier:

Das ist eine Beutelrattenart namens Opossum. Hier nennt man sie Gambás. Sie sind sehr unbeliebt und werden von jedem gejagt und erschlagen wenn möglich. Das liegt daran, dass sie nicht nur nachts die reifen Früchte von den Obstbäumen werfen oder anfressen sondern auch Eier fressen und kleine Hühnerküken. Selbst ausgewachsene Hühner oder Enten beißen sie durch einen Biß in den Kopf tot und saugen das Blut, fressen aber auch das Fleisch so weit sie Hunger haben. Kein Wunder also, dass sie den Menschen unsympathisch sind!

Ich denke an meine Erlebnisse mit Gambás zurück und mir fällt ein, dass es sie in allen möglichen Farbvarianten gibt: Meistens grau oder weiß-grau gefleckt, weiß, schwarz oder dunkelbraun. Sie haben einen länglichen Kopf und ein Gebiß wie ein Hund. Die Ohren sind rund und meistens rosa, der Greifschwanz nackt und rauh. Sie klettern hervorragend und benutzen den Schwanz auch zum Greifen wie man auf dem Bild oben sehen kann.

Das Männchen besitzt eine Stinkdrüse, aus der es bei Gefahr einen "Duft" versprüht der es jedem verleidet ihm zu nahe zu kommen. Darum werden sie teils im Süden des Landes "Stinktier" genannt.
Junge Gambás kriechen als winzige Embryos nach der Geburt durch das weiche Fell der Mutter in den Beutel. Dort saugt sich jedes an einer Zitze fest bis sich die Augen öffnen.
Danach beginnen sie den Beutel zu verlassen und klammern sich im Rückenfell der Mutter fest, die sie überall mit hinnehmen muß. Mitunter sind es bis zu 12 Junge! Diese Mütter können einem Leid tun!
Das Opossum wird nicht zuletzt auch wegen seines wunderbar dichten, weichen Fells gejagt.

Ich drehe mich wieder um nachdem sich der erste Spektakel da oben gelegt hat und die Tiere offensichtlich an der Seite des Hauses hinuntergeklettert sind um auf Jagd und Futtersuche zu gehen. Erschöpft schlafe ich ein.

Mitten in der Nacht wache ich durch ein fremdes Geräusch auf. Im Halbschlaf greife ich auf ein warmes Fell auf meinem Kopfkissen. Entsetzt sitze ich schon wieder senkrecht und wecke die anderen. Mae zündet eine Kerze an damit wir sehen können: Eine fette Ratte läuft, seltsam langsam und gemütlich, über mein Bett und rutscht dann am Bettpfosten herunter. Wir müssen wieder eine Rattenjagd veranstalten. Die dicke Ratte wird in ihrer Panik angriffslustig und springt uns an. Das ist selbst mir unheimlich; aber wir erlegen sie am Ende doch, und vier Nachtgespenster klettern wieder in ihre Betten...

Eine zweite Ratte die wir bis dahin noch nicht bemerkt haben flüchtet durch das offene Fenster ins Freie. Nun sehen wir auch den Grund dafür, dass die erlegte Ratte so langsam war: Sie ist von einem "Bichoberne" befallen. Das sind dicke Maden die sich vorwiegend im Fell der Rinder einnisten und dort dicke, eitrige und schmerzhafte Beulen verursachen. Sie werden einen bis zwei Zentimeter lang und einen halben Zentimeter dick und mit schwarzen Borsten besetzt die wie Widerhaken wirken, so dass man sie nur mit Gewalt herausdrücken kann. Bei so einem kleinen Tier wie einer Ratte hat dies natürlich über kurz oder lang tödliche Folgen. Die Ratte war durch diesen "Befall" extrem langsam in ihren Bewegungen. Gleichzeitig war sie jedoch durch die Tortur und die Schmerzen extrem aggressiv.

Wir haben nun endgültig genug von nächtlichen Störungen und schließen wenigstens die Läden wieder. Bis zum Morgen haben wir gut schlafen.

 

 

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