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DER ROTE PUNKT
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Kritik am Kritiker


(AFP) Der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Siegfried Kauder (CDU), hat deutliche Kritik am Bundesverfassungsgericht geübt. Die Verfassungsrichter erschwerten die Arbeit des Parlaments, sagte der Politiker. In ihren Urteilen wie dem zur Vorratsdatenspeicherung fänden sich "zu konkrete Vorgaben". Das mache die Gesetzgebungsarbeit im Parlament "nicht einfacher", sagte der Bruder des Unionsfraktionschefs Volker Kauder. Die Richter sollten die Urteilsgründe etwas abstrakter formulieren.

Wenn die Gesetzgebungsarbeit im Parlament gründlicher vonstatten ginge, wäre das Bundesverfassungsgericht als Hüter der Demokratie deutlich weniger gefordert. So aber entsteht immer wieder der Eindruck, dass der Gesetzgeber es mit den verfassungsrechtlichen Konsequenzen nicht allzu genau nimmt, vom Bundesverfassungsgericht zurückgepfiffen wird und sich dann beklagt. Der Idealzustand wäre der, dass das Bundesverfassungsgericht arbeitslos würde, durch die Schlampigkeiten bei der Gesetzgebung versinkt es aber in Arbeit.

Auch kämen Entscheidungen aus Karlsruhe zu spät, sagte der CDU-Politiker dem Magazin "Focus". Er führte als Beispiel den Untersuchungsausschuss an, der die Rolle der Bundesregierung im Irakkrieg aufklären sollte. Klagen im Zusammenhang mit der Ausschussarbeit hätten zweieinhalb Jahre im Gericht gelegen. "Erst fünf Wochen nach Ausschussende erfuhren wir, dass die Regierung nicht so viele Akten hätte sperren dürfen und Aussagegenehmigungen für Zeugen zu restriktiv gehandhabt wurden", bemängelte Kauder.

Er wünschte sich zudem mehr Rücksicht der Richter auf den Terminkalender der Abgeordneten: Fragen, die das Parlament beträfen, würden bisher meistens in den Bundestagssitzungswochen mündlich verhandelt. Das erleichtere die Teilnahme der Abgeordneten an der Verhandlung nicht.

Wunschdenken in die falschen Richtung nenne ich das. Gründlich und verfassungskonform bei der Gesetzgebungsarbeit zu sein, liesse solche Probleme gar nicht erst entstehen!

 



Eine Frage der Atmosphäre


Köln (apn) Nach Aufdeckung des Missbrauchsskandals am Bad Godesberger Jesuiten-Gymnasium Aloisiuskolleg haben sich nach Informationen der «Kölnischen Rundschau» 30 ehemalige Schüler sowie ein Schüler von heute gemeldet. Diese haben in den vergangenen vier Wochen Vorwürfe im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch vorgebracht, wie die Tageszeitung unter Berufung auf eine Arbeitsgruppe des Kollegs berichtet. Der Sprecher des Jesuitenkollegs, Robert Wittbrodt, erklärte, teilweise handele es sich um «heftige Berichte» bis hin zu sexuellen Handlungen, teilweise seien es eher atmosphärische Schilderungen.

Dort, wo Kindesmissbrauch an der Tagesordnung ist, entsteht natürlich auch eine dementsprechende Atmosphäre. Die Klagen dadurch herunterzuspielen, indem sie "teilweise als atmosphärische Schilderungen" bezeichnet werden, wird am Ende aber nichts helfen. Jeder Fall eines Kindesmissbrauchs, dokumentiert in "heftigen Berichten", ist einer zu viel!

 



Immer wieder sonntags.....


.....bietet sich mir beim Spazierengehen folgendes Bild:


Der Symbolwert, der darin besteht, dass vor dem Bundesverfassungsgericht die europäische und die deutsche Flagge in trauter Eintracht in dieselbe Richtung wehen, kann gar nicht genug überschätzt werden!

 



Die Sprachlosigkeit hat jetzt plötzlich auch mich erwischt


Ja wirklich, ich fasse es nicht, ich bin sprachlos: 

Hamburg (ddp). Dem FDP-Chef und Außenminister Guido Westerwelle droht neuer Ärger. Wie der «Spiegel» am Samstag vorab berichtete, trat der Vizekanzler bei der Eröffnung des Bonner Luxushotels Kameha Grand auf. Zu den Veranstaltern des Events gehört Westerwelles Lebensgefährte Michael Mronz. Der FDP-Chef hatte das Hotel vor Gästen wie Thomas Gottschalk oder Begum Aga Khan feierlich eröffnet und als eines der weltweit «spannendsten Hotels» gelobt. Westerwelle sagte dem Magazin, er habe die Veranstaltung als Bonner Wahlkreisabgeordneter besucht. Mronz ließ über einen Sprecher erklären, Westerwelle habe «kein Honorar oder geldwerte Vorteile erhalten».

Nach Angaben des Magazins prägen Westerwelles enge Verbindungen zu Unternehmern auch seine dienstlichen Auslandsreisen. Zu Delegationen des Außenministers gehörten demnach Manager, die zuvor an die FDP gespendet hatten. So sei bei seiner für diese Woche geplanten Südamerika-Reise Ralph Dommermuth dabei. 2005 habe der Gründer von United Internet 48 000 Euro an die FDP überwiesen.

Bei Westerwelles Antrittsbesuchen in Estland, Japan und China im Januar war dem Bericht zufolge Cornelius Boersch Teil der Delegation. Der deutsche Unternehmer ist Gründer der Schweizer Beratungs- und Beteiligungsfirma Mountain Partners Group. Er hat der FDP laut «Spiegel» bislang über 160 000 Euro gespendet. Bis kurz nach der Wahl sei Westerwelle ferner im Beirat eines Tochter-Unternehmens gewesen und habe dafür jährlich mindestens 7000 Euro kassiert. Zu den Gästen gehörte außerdem Miele-Chef Reinhard Zinkann. Miele ist Co-Sponsor des von Mronz vermarkteten Aachener Reitturniers.

 



Freiwillige Selbstzensur


München (ddp). Der Bayerische Rundfunk (BR) hat für die Wiederholung der diesjährigen Nockherberg-Rede im Fernsehen die Passage mit dem umstrittenen KZ-Vergleich herausgeschnitten. Sendersprecher Rudi Küffner bestätigte am Freitagabend auf ddp-Anfrage eine Meldung von «Focus Online». Demnach fehlten bei der zweiten Ausstrahlung, die am Abend um 19.45 Uhr im Dritten Programm gezeigt werden sollte, mehrere Passagen. Darunter sind die Äußerungen von Fastenprediger Michael Lerchenberg über Außenminister Guido Westerwelle (FDP).

BR-Fernsehdirektor Gerhard Fuchs hatte dem Bericht zufolge am Morgen verfügt, umstrittene Szenen bei der Wiederholung nicht mehr zu senden. Insgesamt fehlten im Vergleich zur Live-Ausstrahlung 30 Minuten, darunter waren auch wenig brisante Interviews mit Polit-Prominenten.

Ein Alibi also, um von der wirklichen Zensur abzulenken.

 



So etwas gehört sich doch nicht!


München (ddp). Vergleiche mit dem Nationalsozialismus sind tabu - das hätte eigentlich auch der Nockherberg-Redner Michael Lerchenberg wissen müssen. Er hat es dennoch getan und muss nun nach der großen öffentlichen Empörung seine Rolle als Fastenprediger Bruder Barnabas beim traditionelle Politiker-«Derblecken» abgeben. Am Freitag teilte er seine Entscheidung der Paulanerbrauerei als Veranstalter mit. Für SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher war dieser Schritt unausweichlich: «KZ-Vergleiche sind zum Glück nun einmal inakzeptabel, generell und für jeden.»

Ohne das sonst übliche Augenzwinkern war Lerchenberg am Mittwochabend vor versammelter Politprominenz auf dem Münchner Nockherberg verbal über FDP-Chef Guido Westerwelle hergefallen. Dessen ebenfalls umstrittene Aussagen über «Hartz IV»-Empfänger nahm der Kabarettist zum Anlass, fiktive Pläne Westerwelles darzustellen. Der Chef-Liberale wolle nun alle «Hartz IV»-Empfänger in einem mit Stacheldraht umgebenen Lager in Ostdeutschland sammeln. Und über dem Eingang werde «in eisernen Lettern« stehen: »Leistung muss sich wieder lohnen.» Dies wurde allgemein als Anspielung auf den menschenverachtenden Spruch «Arbeit macht frei» am Tor des Nazi-Konzentrationslagers Auschwitz verstanden.

Ich verstehe das auch so und gehe sogar noch weiter: Herr Lerchenberg ist es gelungen, vom HartzIV-Problem Westerwelle abzulenken. Immerhin hat er Herrn Westerwille vorgemacht, wie die Konsequenz aus eigenem Fehlverhalten auszusehen hat. Herr Westerwelle nimmt es mit dem sonst üblichen Augenzwinkern zur Kenntnis.

 



Plagiatsrechtfertigung


München (ddp). Es kam anders als gedacht: Als die Münchner Kammerspiele vor wenigen Monaten die damals noch 17-jährige Helene Hegemann einluden, wollten sie einer jungen unbekannten Autorin eine Plattform bieten. Inzwischen hat Hegemann mit ihrem Roman «Axolotl Roadkill» eine riesige Debatte zum Urheberrecht losgetreten und wurde zur medienbekannten Skandalautorin. Deshalb war das Neue Haus der Kammerspiele am Donnerstagabend restlos ausverkauft. Und Hegemann sprach weniger über ihr Buch als über Medienhetze und ihr neues Dasein im Rampenlicht.

Nach der Lesung aus «Axolotl Roadkill» durch die Kammerspiel-Schauspieler Katja Bürkle und Steven Scharf saß Hegemann neben Juno Meinecke auf dem Podium, mit der sie seit einigen Jahren befreundet ist. Die Töchter berühmter Väter - Carl Hegemann ist Dramaturg und Vordenker der Berliner Volksbühne, Thomas Meinecke Pop-Autor und DJ - sollten über die bevorstehende Revolte gegen die Welt der Erwachsenen sprechen. Soweit die Idee des Dramaturgen Matthias Günther, die die beiden jedoch nicht besonders ernst nehmen konnten. «Es geht eher um die Geste, dass hier zwei kleine Mädchen sitzen, die so tun, als wären sie pseudo-aufsässig», sagte Hegemann zu Beginn ihres Auftritts.

Viel lieber wollte sie über «die Debatte im Ausmaß einer Naturkatastrophe» sprechen, die in der Blogger- und Literaturszene seit Wochen um ihr Buch geführt werde. «Egal was ich sage, es wird gegen mich verwendet», sagte Hegemann. «Ich bin verwirrt und habe Angst, dass hier mindestens 20 Leute sitzen, nur um mich scheitern zu sehen.» Die Lesung war einer der ersten öffentlichen Auftritte von Hegemann, nachdem sie sich im Februar dem Medienrummel um ihre Person zunächst entzogen hatte.

Grund waren die Plagiatsvorwürfe, die Anfang Februar gegen sie laut geworden waren. Tatsächlich ließ sich Hegemann von anderen Autoren mehr als nur inspirieren. Vor allem Teile des Romans «Strobo», der aus der Feder eines Bloggers mit dem Pseudonym Airen stammt, übernahm sie in ihr eigenes Buch. Das belegt der Berliner Ullstein-Verlag in der mittlerweile vierten Auflage von «Axolotl Roadkill» durch eine umfangreiche Quellendokumentation. Dennoch stünden die Reaktionen der Medien in keinem Verhältnis zu den übernommenen Stellen: «Alles zusammengenommen handelt es sich vielleicht um ein bis drei Seiten.»

Was denn nun, eine oder zwei oder drei Seiten Plagiat? An sich ist es egal, eine Urheberrechtsverletzung ist eine Urheberrechtsverletzung. Es ist keine Geste und schon gar keine, die mit "pseudo-aufsässig" umschrieben werden kann. Geklaut ist geklaut, auch wenn es die medienwirksamste Selbstreklame ist, die man sich in diesem Zustand der Kultur vorstellen kann.

Vom an diesem Abend sehr gemischten Publikum bekam Hegemann eher Zuspruch und Komplimente für ihr Werk. Und trotz aller «Wut und Demütigung» über die Zeitungsschlacht weiß sie den Werbeeffekt durchaus zu schätzen: «Natürlich ist es cool, gelesen zu werden und plötzlich eine Art Zugriff auf sein Land zu haben.» Allerdings habe sie Schwierigkeiten, wieder etwas Neues zu schreiben, sagt sie: «Ich bin nicht mehr unbefangen, soviel ist sicher.»

 


 

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