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DER ROTE PUNKT
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Dumm gelaufen

 


 

Drei Tage vor der Wahl wird ein Papier bekannt, das mich einerseits keineswegs verwundert, denn ich habe das immer schon gesagt, die Geschichte des "Roten Punktes" beweist es und das andererseits mein Mitleid erregt. Die Referatsleiter des Bundesinnenministeriums haben ihrem Herzen Luft gemacht, so wird behauptet, gedrillt im Sinne ihres Chefs, wie die Herren nun mal sind haben sie ein internes Papier erstellt, das deutlich macht, was man vorhatte und leider in dieser Legislaturperiode nicht geschafft hat. Laut "Spiegel-Online" trägt das Papier den Titel "Vorbereitung Koalitionspapier", das sollte man gut im Auge behalten. Es ist kaum vorzustellen, dass Referatsleiter ohne Absegnung von oben ein Koalitionspapier vorbereiten und es ist ein wahres Pech, dass das Papier schon vor der Wahl bekannt wurde, das war selbstverständlich nicht geplant.

München (AP) Das Bundesinnenministerium will sich nach der Wahl einem Bericht zufolge für mehr Kompetenzen für den Verfassungsschutz stark machen. Wie die «Süddeutsche Zeitung» in einer Vorabmeldung berichtet, zielt das Papier darauf ab, die Aufgaben des Bundesamtes und der Polizei zusammenzufassen. So solle künftig auch der Inlandsgeheimdienst Computer online durchsuchen dürfen. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Online-Durchsuchung ist noch unklar, ob Geheimdienste dieses Mittel nutzen dürfen.

Der Verfassungsschutz soll zudem auf die Daten der Vorratsdatenspeicherung zugreifen dürfen, wie die Zeitung berichtet. Das dürfen bislang Polizei und Justiz. Dem Verfassungsschutz sollen auch Lausch- und Spähangriffe in Privatwohnungen erlaubt werden. Außerdem soll der genetische Fingerabdruck als «erkennungsdienstliche Standardmaßnahme» eingeführt werden, was bislang nur bei schweren Straftaten und nur mit einem Richter erlaubt ist.

Den Sicherheitsbehörden soll auch die Infiltration im kriminellen und verfassungsfeindlichen Milieu erleichtert werden. Verdeckte Ermittler sollen, wenn sie Straftaten begehen und diese zum «szenetypischen Verhalten» gehören, nicht bestraft werden, wie die «SZ» schreibt.

Laut Bericht nur internes Papier

Bruno Kahl, der Büroleiter von Minister Wolfgang Schäuble (CDU), erklärte der Zeitung laut Bericht, es handele sich um ein Papier, das bisher nicht zur Leitungsebene des Hauses gelangt sei. Es gehe um eine Art Wunschzettel der Referate des Ministeriums am Ende der Legislaturperiode. Das Papier sei kein Koalitionsverhandlungspapier, sondern ein «Ministeriums-Internum». Es sei nur im Auftrag von Referatsleitern aufgeschrieben worden, was man in der laufenden Legislaturperiode nicht geschafft habe.

Soso. Genau das ist aufgeschrieben worden, was man in der laufenden Legislaturperiode nicht geschafft hat. Das bedeutet also, dass es da einen Katalog zu schaffender Ziele gibt, sonst würde dieses Papier rein überhaupt keinen Sinn machen. Dass dieses Papier bisher nicht zur Leitung des Hauses vorgedrungen ist, das ist insofern irrelevant, als der Wunschkatalog eben von dieser Leitung des Hauses stammt und die Leitung des Hauses bestens darüber unterrichtet ist, welche Ziele in der laufenden Legislaturperiode verfehlt wurden, oder stehe ich jetzt etwa auf der Leitung? Hier wird versucht, die ganze Angelegenheit herunterzuspielen, sie auf die Schultern einiger Referatsleiter zu laden und den Herrgott einen lieben Mann sein zu lassen, Herrgott nochmal, für wie blöde soll man denn noch verkauft werden?

Selbstverständlich folgte der Protest aus beinahe allen politischen Lagern auf dem Fuße. Einen solchen Leckerbissen, drei Tage vor der Wahl, den kann man sich nicht entgehen lassen. Von 'Horrorkatalog' war da die Rede, Verfassungsklagen wurden angedroht, die ganze Palette zog vorbei, die wahlwirksam den Schlußpunkt setzen sollte. Diesen Schlußpunkt setzte dann jedoch die CDU, und aufschlußreich ist die Begründung der innerparteilichen Ablehnung:

Berlin (AP) Die CDU schließt eine Erweiterung der Befugnisse des Verfassungsschutzes für die nächste Wahlperiode aus. Der Vizevorsitzende der Unionsfraktion, Wolfgang Bosbach, sagte, das wäre weder mit der FDP noch mit der SPD als Koalitionspartner durchzusetzen. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, kritisierte am Samstag, es dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, dass sozusagen «durch die Hintertür» ein neuer Inlandsgeheimdienst entstehe.

Wieso 'durch die Hintertür'? Der Eindruck ist sehr wohl erweckt, sozusagen oder nicht. Allerdings wird es noch mindestens vier Jahre dauern, bis Deutschland auch de fakto ein Polizeistaat wird. Ausreichende Mehrheiten bei der nächsten Wahl vorausgesetzt. Herr Bosbach hat sich keineswegs von den Plänen distanziert, sondern schiebt die Schuld an deren Mißlingen schon mal rein prophylaktisch den möglichen Koalitionspartnern in die Schuhe. Man weiß ja schließlich nie. Sozusagen. Warum wird nicht endlich zugegeben, dass Fragen der inneren Sicherheit bei den Verantwortlichen nichts anderes bewirken, als dass sie innere Unsicherheit auslösen!?

 


 

 

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