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DER ROTE PUNKT
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Satire und Kunst

 


 

Immer öfter erreichen mich Fragen zur Kompatibilität bzw. Inkompatibilität von Satire und Kunst, den beiden Hauptaspekten des "Roten Punktes". Die Fragenden sind verunsichert. Kann das denn sein, Satire und Kunst auf ein und derselben Ebene? Kann es denn sein, dass Musik, Schriftstellerei und bildende Kunst in einer einzigen Person zu vereinen sind, ohne dass einer dieser drei Aspekte unter der Vielfalt leidet? Ich verstehe diese Unsicherheit schon, ein Blick um mich herum lehrt mich schließlich, dass ein Künstler jemand ist, der sich auf ein Gebiet beschränkt und versucht, dort andere zu übertreffen. Ein Künstler steht also in einem steten Konkurrenzkampf und wird dadurch zu Höchstleistungen angetrieben. Er steht inmitten einer rein marktorientierten Kunstwelt und kann froh sein, wenn er in diesem Konkurrenzkampf nicht auf der Strecke bleibt. Dass es schwer ist, sich selbst treu zu bleiben, wird dadurch kompensiert, dass ein Leben lang damit verbracht wird, sich selbst zu finden.

Wie anders verhält sich das alles bei mir! An der Kunstwelt interessiert mich lediglich der Teilaspekt Kunst, alle anderen Aspekte wie etwa Marktwirkung, mit der damit verbundenen Selbstverleugnung, rufen in mir nur Verachtung hervor. Ich brauche nicht danach zu schielen, was die Konkurrenz macht, sondern kann ihren Leistungen ganz unbevorurteilt gegenübertreten, weil sie keine Konkurrenz sind. Denn ich genüge mir selbst. Ich bin kein Multitalent, sondern eine Persönlichkeit, die imstande ist, sich in verschiedenen Medien auszudrücken. Die technische Beherrschung eines Mediums, sei es die Musik, die Sprache oder das Bildliche, ist lediglich Grundvoraussetzung und hat für sich selbst keine andere Bedeutung als diese. Ich bin jemand, der sein Leben lang bereit ist, zu lernen, unter der Voraussetzung, dass das Erlernte geeignet ist, mich damit auszudrücken. Was nun die Satire betrifft, so steht diese auf einer Ebene mit meiner Musik oder meiner bildnerischen Tätigkeit. Allen gemeinsam ist, dass ich einerseits denken kann, was mich unwiderstehlich zur Satire verleitet, und andererseits ein reiches Gefühlsleben besitze, was mich unwiderstehlich zur Musik oder zum Bildlichen verleitet. Und dennoch ist alles ein großes Ganzes, Musik, Schriftstellerei und Bildliches sind keine Teilaspekte, sondern ein und dasselbe. Sie sind Ausdruck ein und derselben Persönlichkeit und deshalb ein und derselben Sache.

Es ist also nicht so, dass ich mehrere Pfade bewandele, ich bewandele nur einen einzigen, nämlich den meinen. Ich kenne keine Teilaspekte, sondern nur Aspekte. Ausdrücken kann ich mich auf allen Gebieten, die ich technisch gesehen beherrsche. Meine Satire gehört genau so zu meiner Kunst wie etwa meine Musik, da gibt es keine Abgrenzungen oder gar prinzipielle Unterschiede. Ich bin mir selbst genug in meiner Kunst. Das heisst aber nicht, dass ich künstlerische Leistungen anderer nicht nach Wert schätzen kann, im "Roten Punkt" ist dafür immer Platz gewesen, das Sonderheft zur Kunst, die Shakespeare-Sonette, gelegentliche Einzelbeiträge beweisen das zur Genüge. Allerdings ist es auch so, dass der Animo unter der Künstlerschaft, mit dem "Roten Punkt" in Verbindung gebracht zu werden, auffallend gering ist. Ich habe in der letzten Zeit mehrere Künstler angeschrieben, wegen des geplanten zweiten Sonderheftes zur Kunst. Bis jetzt wurde ich mit Stillschweigen belohnt, was mehr über die Kunstwelt aussagt als über mich. Ich höre es schon förmlich: "Ich kann es mir nicht leisten, in einer satirischen Publikation erwähnt zu werden! Und schon gar nicht, dass da Werbung für mich gemacht wird." Ich mache keine Werbung, ausser für mich selbst, also für mein eigenes Werk, und ich bin glatt imstande, eine Liste derjenigen Künstler zu veröffentlichen, die meine Anfrage nicht einmal einer Antwort für wert erachten! Denn dass meine Satire zur Kunst gehört wie auch meine Musik und meine bildlichen Arbeiten, das ist dem Schubladendenken unverständlich. Dass der "rote Punkt" eine Plattform ist, die der Kunst allen Raum bietet, ist offenbar ebenso unverständlich. Was mir selbst unverständlich ist, das ist die Tatsache, dass selbst die Kunst, die doch allem Kreativen einen Freiraum bietet, dem Schubladendenken unterworfen ist. Das bestärkt mich aber nur in meiner Anschauung, dass ich nicht Teil dieser Kunstwelt, die sich selbst freiwillig in die Nähe einer künstlichen Welt rückt, sein möchte. Und so genüge ich mir selbst und verfolge unbeirrt den Weg, den ich mir selber vorgegeben habe. Nicht Ruhm ist mein Ziel, sondern Selbstverwirklichung.

 


 

 

Zum Sonderheft "Drei Künstler/innen":

 

 

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