Freitag, 3. Juli 2009 Die Zeremonie im Standesamt morgens um acht war kurz, deutlich und, ob mans glaubt oder nicht, schmerzlos. Nach einer kurzen Belehrung über den Sinn der Ehe, eine solche über deren Zweck haben wir vermisst, aber diese wäre sowieso nichts Neues gewesen, da hier der Zweck den Sinn ad absurdum führt, kam der entscheidende Moment: Das Ja-Wort. Auf die diesbezügliche Frage des Standesbeamten antwortete ich in feinstem Hochdeutsch: "Ja, ich will." Meine Mausi war etwas nervös und antwortete auf die diesbezügliche Frage des Standesbeamten in breitestem Schwäbisch: "Ja, i will au". Ich musste mich wirklich zusammennehmen, um nicht laut loszuprusten!
Was hat sich also durch unsere Heirat wirklich geändert? Für die Beziehung zwischen uns beiden hat sich nichts geändert, wir haben jedoch eine extra Dimension zum Flachsen dazu bekommen. Was aber jeder einzelne von uns gratis dazubekommen hat, ist die Familie des anderen. Ich habe plötzlich drei Kinder, auch wenn es nur Stiefkinder sind. Das hätte ich vor der Heirat bedenken sollen, jetzt stehe ich vor vollendeten Tatsachen. Da ich alle drei aber sehr gerne mag, ist es eher eine Formalität, das Stiefvaterdasein, meine ich. Denn wenn mir eines fremd ist, dann sind das väterliche Gefühle. Da ich solche nicht kenne, weiß ich, dass sie mir fremd sind, weil ich weiß, dass solche bestehen. Das klingt kompliziert, ist aber, wenn es sein muss, bei einigem Nachdenken, sehr einfach. Hier trügt der Schein. Wir beide sind recht einfach gestrickt, das stimmt wirklich, obwohl niemand das glauben mag. Einfach ist aber nicht gleich simpel. Wenn wir simple Seelen wären, könnten wir nie zu den Tiefen vordringen, zu denen wir vordringen. Die Vielfalt, die sich auch in unserer Arbeit ausdrückt, wird eben durch dieses Vordringen in große Tiefen ermöglicht. Nicht gehindert werden wir dabei durch irgendwelche Zweifel, denn etwas ist für uns entweder gut oder nicht gut. So entsteht eine große Vielfalt in zwei Welten, einer guten und einer nicht guten Welt. Grauzonen gibt es in unserer Welt also nicht, da diese uns nur hindern und bremsen würden. Einfacher geht es kaum. Schwieriger schon, aber das wäre ein Leichtes, zu einfach also, deshalb lassen wir uns das gerne entgehen. Das Einfachste ist zugleich das Schwierigste und genau das reizt und motiviert uns.
In gewisser Hinsicht war heute auch ein Vermieterinnentag. Besuch hatten wir nur wenig, das wollten wir auch so. Morgens kam eine ehemalige Vermieterin von Mausi vorbei und nachmittags unsere jetzige Vermieterin. Wohlerzogen, wie ich nun einmal bin, liess ich die Frauen reden und machte gute Miene zum gar nicht mal so bösen Spiel. Dennoch war es richtig nett, einmal ganz in die "Normalität" abzutauchen. Das für mich völlig Ungewohnte dieser Situationen war reizvoll, denn ich habe im täglichen Leben mit dieser Art Normalität wenig zu tun, die Art der Normalität, die meinen Weg im Allgemeinen kreuzt, ist die des alltäglichen Wahnsinns. Normalität bedient sich nun einmal der verschiedensten Verkleidungen. Unsere heutige Vermieterin brachte einen wunderschönen Blumenstrauß mit und eine handgeschriebene Karte, die ein Gedicht von Novalis enthielt, das ich hier nicht vorenthalten will:
(Ursprünglich war noch eine Fotoseite rund um die Hochzeit für dieses Heft geplant, diese kam jedoch aus Zeitgründen nicht rechtzeitig zustande und wird, falls alles klappt, im nächsten Heft nachgeholt.)
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