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Die Wunderreise

 


 

Der Hindernislauf geht weiter, mit jedem der kleinen Schritte, die wir machen können und machen müssen. Wegen des Datums des Inkrafttretens des holländischen Scheidungsurteils hatte ich beim Gericht in Utrecht angerufen. Dort wurde mir bedeutet, dass zur Ausfertigung des nötigen Dokumentes auch ein Auszug aus dem Utrechter Bevölkerungsregister benötigt würde. Das klang im ersten Moment wie ein Lichtblick, denn dieses Dokument besass ich. Es lag allerdings schon auf dem hiesigen Standesamt. Am Montag nach der Europawahl begab ich mich also zum hiesigen Standesamt, um das Dokument abzuholen und nach Utrecht zu schicken. Das Rathaus allerdings war geschlossen. Auf mein Klingeln bedeutete mir eine Dame in barschem Tone durch die Interkom, das Rathaus sei wegen der Stimmenauszählung geschlossen, ob ich den Zettel am Fenster nicht gesehen hätte, wollte sie wissen. Dieses Fenster befand sich einige Meter neben der Tür und mir war es nur ein Rätsel, warum ein solcher Zettel nicht an der Tür selbst angebracht war. Wie dem auch sei, wieder ein Tag verloren. Alles hatte sich gegen uns verschworen! So schien es wenigstens.

Ein E-Mail-Verkehr mit dem holländischen Gericht brachte endlich die Tatsachen ans Licht. Es war also, summa summarum, so, dass alle benötigten Papiere schon wochenlang vorgelegen haben, nur die Beamten, die mit der Sache befasst waren, mussten noch darauf hingewiesen werden, wo denn der Hinweis auf die Rechtsgültigkeit meiner Scheidung stand. Das zu besorgen, war mir ein besonderes Vergnügen, das kann man mir ruhig glauben, obwohl diese Genugtuung auch einen bitteren Beigeschmack hatte. Mit einer Coolness, die schon an Kälte grenzte, also keineswegs in schulmeisterlichem Ton, wies ich dem Beamten den Weg durch das Dokument. Jetzt liegen die Papiere beim Oberlandesgericht zwecks Anerkennung der Scheidung, Europa, wie es leibt und lebt.

Das angestrebte Heiratsdatum war also in ungreifbare Ferne gerückt, es ist jetzt sehr die Frage, wann wir heiraten können, oder, wenn man die Sache vom Standpunkt der Behörden betrachtet, wann wir heiraten dürfen. Als Kompensation allerdings haben wir dennoch zwei Feste zusammengelegt: meinen 60. Geburtstag und unsere Verlobung. Wir feierten ein wunderschönes Fest in einem afrikanischen Restaurant in Pforzheim.

 

Verlobung

 

Verlobung

 

Wir sind vorbehaltlos füreinander da und werden unseren Willen aller Lustlosigkeit der Behörden zum Trotz durchsetzen, selbst wenn uns noch neue Steine in den Weg gelegt werden. Wir sind schon sehr gespannt, was denen noch einfällt, um die ganze Angelegenheit zu erschweren und damit zu verlangsamen. Böse Zungen würden das Wort 'torpedieren' gebrauchen, ich persönlich zweifle noch, ob ich mich diesen bösen Zungen anschließen soll. Ich tendiere eher zu 'skandalös'. Glücklicherweise für die Behörden ist der europäische Grundgedanke noch nicht verbindlich formuliert worden und jede Änderung der europäischen Richtlinien, so begrüßenswert eine solche in Einzelfällen auch sein mag, hat keine zurückwirkende Kraft. So kann es passieren, dass eine holländische Scheidung, nach 2003 ausgesprochen, in Deutschland rechtlich einer deutschen Scheidung gleichgesetzt wird, während beispielsweise meine Scheidung aus dem Jahre 1993 einer oberlandesgerichtlichen Prüfung unterzogen wird, deren Ergebnis für eine gewisse Spannung sorgt. Denn der gesamte Verlauf der Prozedur bis jetzt stimmt mich nicht gerade optimistisch, was das Ergebnis einer solchen Formalität betrifft. Ich befürchte nämlich, dass das Ganze nicht als Formalität angesehen wird, wie es eigentlich sein sollte, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren. Inwieweit das europäisch gültige Dokument, dass den Eintrag über die Rechtskraft der Scheidung enthält, tatsächlich europäische Gültigkeit besitzt, muss abgewartet werden. Es könnte durchaus sein, dass die Formalitäten einander ad absurdum führen. Wir sind gespannt auf den Ausgang, darauf, wie dieser in unseren schwer auf die Probe gestellten Seelen Eingang finden wird und auch darauf, wer letztendlich einen Abgang zu verzeichnen hat.

 

(Wird fortgesetzt)


 

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